Verstümmelte Leichen, rätselhafte Seuchen, Huren, Assassinen und ein kannibalistischer Kult – das sind die Zutaten für Opfermond, dem Debüt-Roman von Elea Brandt.
Opfermond spielt in der Wüstenmetropole Ghor-el-Chras, die von den Dienern des blutigen Gottes Chras brutal regiert wird. Es herrscht das Recht des Stärkeren, und während eine reiche Oberschicht rauschende Feste feiert, siechen die Armen im abgeriegelten Elendsviertel dahin.
Wir erleben Opfermond größtenteils aus den Perspektiven von zwei Figuren. Varek ist ein in Ungnade gefallener Leibwächter, der sich seit nunmehr 15 Jahren als Unbestechlicher verdingt. Die Unbestechlichen sind ein Assassinen-Orden, der den Priestern des blutigen Gottes Chras untersteht. Varek wird angeheuert, um den im Elendsviertel der Stadt geschehenen Mord am Sohn eines einflussreichen Alchimisten aufzuklären. Die Straßenhure Idra ist eine Bewohnerin des Elendsviertels und zudem Zeugin des Mordes. Natürlich nutzt sie die Gelegenheit, um der noch warmen Leiche eine verhängnisvolle Beute abzunehmen. Varek und Idra werden immer mehr in die finsteren Machenschaften eines kannibalistischen Kults verwickelt, dessen Wurzeln tief in die Vergangenheit der Stadt zurückreichen. Ab der Hälfte des Romans werden die Handlungsstränge zusammengeführt und die beiden treffen zum ersten Mal aufeinander. Natürlich gestaltet sich die Zusammenarbeit dieser unterschiedlichen Charaktere alles anderes als einfach, denn Idra hat nicht die Absicht, sich als Heldin hervorzutun.
Opfermond lässt sich wohl am ehesten als Grim&Gritty-Fantasy einordnen. Der unverbrauchte Schauplatz ist brutal, dreckig und riecht nach einer Mischung aus exotischen Gewürzen und ranzigem Schweiß. Besonders hervorzuheben ist der Verzicht auf die klassisch-geschwollene Mittelaltermarkt-Sprache, die Figuren fluchen und pöbeln nach Herzenslust. Das wirkt zwar ab und an etwas überzeichnet, trägt jedoch zur dreckigen Atmosphäre bei.
Kenner des Pen&Paper-Rollenspiels Das Schwarze Auge könnten übrigens in Ghor-el-Chras die Hafenstadt Al'Anfa wiedererkennen: die drückende Schwüle, eine Theokratie mit religiösen Attentätern, das ummauertes Ghetto und die Pilgerstraße zum Hügel mit dem großen Tempel, um den ringsherum die Villen der Reichen erbaut wurden – welcher DSA-Spieler sehnt sich da nicht zur schwarzen Perle des Südens zurück? Allerdings ist Ghor-el-Chras kein bloßer Al'Anfa-Klon, sondern trägt genug neue Ideen in sich, um als eigenständiges Setting zu funktionieren.
Strahlende Helden sucht man in der Welt von Opfermond vergebens, ganz im Gegenteil. Varek ist ein von seinem Gewissen geplagter und am Rande der Drogensucht balancierender Mörder. Einerseits suhlt er sich aufgrund seines blutigen Handwerks in Abscheu und Selbstmitleid und würde die Assassinenkarriere gerne beenden, andererseits tötet er auch schon mal kaltblütig Unbeteiligte, um seine Flucht zu sichern. Umso schöner ist es, dass Idra ihm genau diese Weinerlichkeit an den Kopf wirft. Doch auch Idra taugt nicht recht zur Heldin, denn die leichenfleddernde Straßenhure schreckt bei ihrem Rachefeldzug auch vor Folter und Vergewaltigung nicht zurück.
Kurzum, es fällt schwer, für diese Figur Sympathien zu entwickeln. Doch das ist auch nicht nötig, denn bei all ihrer moralischen Verderbtheit bleiben die beiden stimmig und glaubwürdig. Sie sind verlorene Seelen, die sich – wenn auch unfreiwillig – einem monströsen Gegner stellen müssen. Die Antihelden sind Produkte ihres rauen Hintergrundes und verkörpern den alltäglichen Überlebenskampf in Ghor-el-Chras aus zwei Perspektiven: der reiche, aber verbitterte Auftragsmörder, der sich nicht aus den Zwängen seines Ordens und seiner Vergangenheit lösen kann, und die abgehärtete Prostituierte, der jedes Mittel recht wäre, um aus ihrem Elend zu entkommen.
Das Worldbuilding ist alles in allem sehr stimmig, vor allem die fremdartige und bedrohliche Magie hat es mir beim Lesen angetan. Dennoch stören mich einige Details: So wird beispielsweise den Mitgliedern des stadtbekannten Assassinen-Ordens das Symbol ihres Gottes in die Stirn geritzt. Das ist vielleicht nicht das geschickteste Erkennungszeichen, wenn man sich unauffällig einem Opfer nähern will.
Auch wäre zumindest ein klein wenig Sympathie für die Protagonisten nicht verkehrt gewesen. So fällt es eben doch etwas schwer, mit Figuren mitzuleiden, die auch Folter und Vergewaltigung als legitimes Mittel ansehen, ihre Ziele zu erreichen.
Opfermond ist trotz der kleinen Schwächen ein spannender Debütroman, der eben noch etwas mehr Feinschliff vertragen hätte. Das unverbrauchte und dreckige Szenario ist ansprechend und die blutige Geschichte wird spannend und flott inszeniert. Freunde finsterer Fantasy finden Freude an Opfermond. Und laut Elea Brandts Website ist ein Wiedersehen mit dem finsteren Ghor-el-Chras fest geplant …
Opfermond
Elea Brandt
(Mantikore Verlag, 2017)
Taschenbuch, 330 Seiten
Webseite: Opfermond beim Mantikore Verlag
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